Unzuverlässigkeit – was bedeutet das?

Zum Überführen von Sattelzugmaschine und Auflieger und zur Unzuverlässigkeit bei der Nutzung der roten Kennzeichen hat das Verwaltungsgericht Gera eine Entscheidung getroffen, die wir hier vorstellen. Eingegangen wird auch auf die Notwendigkeit eines verkehrssicheren Fahrzeugs und die Dokumentationspflicht im Fahrtennachweisheft.

Der Kfz-Händler ist persönlich unzuverlässig?

Was ist passiert?

Ein Kfz-Händler betreibt den Handel mit gebrauchten Nutzfahrzeugen. Seit Mai 2008 hat er ein rotes Kennzeichen.

Im September 2013 wird bei einer Polizeikontrolle festgestellt, dass Schäden am Fahrzeuggespann vorliegen, das mit dem roten Kennzeichen bewegt wird. Die Schäden sind so gravierend und das Gespann somit nicht verkehrssicher, dass dem Fahrer die Weiterfahrt untersagt wird.

Daraufhin kommt es im Nachgang zu einem Gespräch mit der zuständigen Behörde. Dort erklärt man dem Inhaber der roten Kennzeichen, dass

  • das Kennzeichen nur für Prüfungsfahrten, Probefahrten und Überführungsfahrten verwendet werden darf,
  • Privat- und Nutzfahrten ausdrücklich verboten sind,
  • ein besonderes Fahrzeugscheinheft zu verwenden ist,
  • in dem Fahrtenbuch (Fahrtennachweisheft) fortlaufend Aufzeichnungen zu führen sind,
  • die Durchführung von Fernzulassungen verboten ist,
  • das Verborgen der roten Kennzeichen an einen Dritten verboten ist,
  • bei Fahrten über 15 bis 20 Stunden Dauer zwei einzelne Fahrten einzutragen seien und nur unwesentliche kurze Unterbrechungen, nicht aber Schlafpausen, unbeachtlich seien.

Im November 2015 kam es erneut zu einer Verkehrskontrolle. Dabei wurde festgestellt, dass bei der Fahrzeugkombination sowohl die Sattelzugmaschine als auch der Auflieger mit roten Kennzeichen bewegt wird. Auch hier wurden wieder verkehrsgefährdende Mängel festgestellt, beispielsweise war die komplette Bremsanlage des Aufliegers ohne Funktion. Die Weiterfahrt wurde untersagt.

Mit Bescheid vom 10. Februar 2016 widerrief die Behörde die Zuteilung der roten Kennzeichen, der Kfz-Händler musste daher sein rotes Kennzeichen abgeben.

Zur Begründung führte die Behörde aus, dass die der Kfz-Händler mehrfach gegen die gesetzlichen Bestimmungen zur Verwendung der roten Kennzeichen verstoßen habe. … Die erforderliche Zuverlässigkeit sei aufgrund von Verstößen gegen die Vorschriften über den Umgang mit den roten Kennzeichen nicht mehr gegeben. Zur Begründung der fehlenden Zuverlässigkeit verwies die Behörde auf diverse Fälle der Inbetriebnahme von Fahrzeugen trotz Mängeln bei der Ladungssicherung sowie die Inbetriebnahme verkehrsunsicherer Fahrzeuge im September 2013 und November 2015.

Zudem habe der Kfz-Händler in einer Vielzahl von Fällen die roten Kennzeichen entgegen § 16 FZV (hier der Gesetzestext) für Nutzfahrten verwendet. Bei der Überführung von Aufliegern in Fahrzeugkombinationen seien rote Kennzeichen nicht nur an dem jeweiligen Auflieger, sondern unzulässigerweise auch an den genutzten Zugmaschinen angebracht worden, die nicht zur Überführung bestimmt waren.

Die Antragstellerin habe unzulässige Fernzulassungen vorgenommen, um Fahrzeuge aus dem Ausland nach Deutschland zu verbringen.

In dem Fahrtennachweisheft seien zudem zahlreiche Fahrtzeiten zwischen 15 und 24 Stunden zu einer Fahrtenstrecke für ein und denselben Fahrer eingetragen worden. Dies lasse entweder auf eine ganz erhebliche Überschreitung der Tageslenkzeit (9 Stunden) oder auf eine mangelnde Dokumentation mehrerer Fahrten schließen.

Da der Kfz-Händler sein rotes Kennzeichen weiter nutzen wollte, ging er gerichtlich gegen die Entscheidung der Behörde vor – jedoch erfolglos.

Unzuverlässigkeit des Kfz-Händlers?

Das Verwaltungsgericht Gera führt in seiner Begründung (VG Gera, Beschluss vom 20. April 2016, 3 E 201/16) hinsichtlich der Unzuverlässigkeit mehrere Punkte an:

„Sofern die Antragstellerin (der Kfz-Händler) regelmäßig an Fahrzeugkombinationen aus einer Sattelzugmaschine und einem Auflieger – bei Fahrten, die ausschließlich der Überführung des Anhängers dienten – sowohl an diesem als auch an der Zugmaschine rote Kennzeichen angebracht hat, verstieß die Verwendung der roten Kennzeichen an der Zugmaschine gegen § 16 FZV. Denn die Zugmaschine wurde in diesen Fällen nicht für Überführungsfahrten eingesetzt. Zwar enthält der Wortlaut des § 2 Nr. 25 FZV keine ausdrückliche Regelung für Fahrzeugkombinationen, jedoch unterfällt nach dem Sinn und Zweck des § 16 FZV allein das zu überführende Objekt selbst der Privilegierung roter Kennzeichen. Bei einer Kombination aus Zugmaschine und Anhänger kann demnach an beiden Fahrzeugen nur dann ein rotes Kennzeichen angebracht werden, wenn beide Fahrzeuge überführt werden. Wird dagegen nur der Anhänger überführt, befindet sich das hierzu verwendete Hilfsmittel in Form der Zugmaschine selbst nicht auf einer Überführungs-, sondern auf einer nicht nach § 16 FZV privilegierten Nutzfahrt.“

Verkehrssicheres Fahrzeug notwendig

„Die Antragstellerin (der Kfz-Händler) hat zudem wiederholt und gröblichst gegen ihre Verpflichtung aus § 16 Abs. 1 Satz 2 FZV i.V.m. § 31 Abs. 2 StZVO verstoßen, die roten Kennzeichen nur an verkehrssicheren Fahrzeugen zu verwenden.“ … „Auch ein mit rotem Kennzeichen versehenes Fahrzeug muss den technischen und ordnungsrechtlichen Straßenverkehrsvorschriften entsprechen. Dass es nach §§ 16 Abs. 3 FZV, 29 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 StZVO von der Verpflichtung zur Hauptuntersuchung befreit ist, hat nicht zur Folge, dass das Fahrzeug, wenn es im öffentlichen Verkehrsraum betrieben wird, von den sonstigen der Verkehrssicherheit dienenden Vorschriften befreit ist.“

Nachweis im Fahrtennachweisheft korrekt führen

„Die Antragstellerin (der Kfz-Händler) hat mit den roten Dauerkennzeichen unternommene Fahrten nicht ausreichend in dem Fahrtennachweisheft dokumentiert. § 16 Abs. 2 Satz 5 FZV sieht vor, dass über jede Prüfungs-, Probe- oder Überführungsfahrt fortlaufende Aufzeichnungen zu führen sind, aus denen das verwendete Kennzeichen, das Datum der Fahrt, deren Beginn und Ende, der Fahrzeugführer mit dessen Anschrift, die Fahrzeugklasse und der Hersteller des Fahrzeugs, die Fahrzeug-Identifizierungsnummer und die Fahrtstrecke ersichtlich sind.“

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